Fahrt 13 - Erste Fahrt des Vereins Live Mitverfolgen
- ukrainehilfsfahrt
- Dec 5, 2024
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Updated: Dec 12, 2024

Gestartet sind wir - Iryna Sandaliuk, Florian Nägele und Werner Nuber - heute morgen um 8 Uhr.
Nachdem wir zwei VW-Transportbusse abgeholt haben, die wir dankenswerterweise von der Zeppelin Rental GmbH kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, sind wir zum Feuerwehrhaus in Friedrichshafen, um 100 Feuerwehrschutzausrüstungen, die die Feuerwehr Friedrichshafen für Horishni Plavni spendet, abzuholen.

Anschließend beluden wir im Ukraine-Treff die Transporter mit medizinischem Equipment und Weihnachtspaketen für Waisenkinder in Horishni Plavni.
Das medizinische Equipment im Wert von 4.000€ wurde über Spenden der Unterstützer finanziert und von Dr. Vollert vom Medizin Campus Bodensee nach Rückkopplung mit einem Arzt des Klinikums in Horishni Plavni organisiert.
Die Weihnachtspakete für 57 Kinder, die mindestens ein Elternteil im Krieg verloren haben, sind bereits am 17. November von Unterstützenden der bisherigen Hilfsfahrten nach Chelm bepackt worden. Gabi Haßler hat in Abstimmung mit Horishni Plavni die Paketinhalte genau auf Alter und Geschlecht der Kinder abgestimmt und die Organisation übernommen.

Mit den zwei vollbeladenen Transportern sind wir los, haben in Neukirch Hubert Sauter abgeholt, in Giengen Jürgen Schipek und sind jetzt auf dem Weg in Richtung der Grenze.

Die Fahrt bis zur polnisch-ukrainischen Grenze verlief reibungslos.
Um 2 Uhr (nach ukrainischer Zeit war es 3 Uhr nachts) kamen wir an der Grenze bei Krakovets an. Trotz strenger Kontrollen, vor allem auf der polnischen Seite - hier mussten wir einige Pakete auspacken - kam der erste Transporter mit Iryna Sandaliuk, Jürgen Schipek und Werner Nuber recht zügig durch.
Auch der zweite Transporter mit Hubert Sauter und Florian Nägele passierte trotz mancher Kontrollschikane mit nur etwas mehr als zwei Stunden Gesamtzeit die Grenzen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in einem Tankstellencafé auf der ukrainischen Seite ging die Fahrt um 5.30 Uhr ukrainischer Zeit weiter - 930 Kilometer durch die Ukraine nach Horishni Plavni.
Auf unserer Fahrt durch die Ukraine kamen wir in der Zentralukraine an einem Städtchen mit 25.000 Einwohnern vorbei - Am Straßenrand 99 Porträts der im Krieg Gefallenen der Stadt. Viele der Mönner waren erst Anfang Zwanzig. Jeder wird hier nochmals als Mensch sichtbar und erhält Würde. Wir müssen weinen.
Unterwegs - 200 Kilometer nördlich von Odessa, erstmals eine Meldung, dass dort gerade Luftalarm ist. Jetzt ist der Krieg nahe.

Wir machen Kaffee-Pause in einem Restaurant. Eine Beerdigungsfeier hatte kurz davor geendet. Die Tische waren noch brechend voll mit ukrainischen Leckereien eingedeckt. Und dann wurden wir eingeladen - zu Ente und Fisch, Borsch-Suppe und Maissalat. Hubert bekam auch ein Glas Rotwein. Die Fülle des Lebens, die Herzlichkeit der Menschen, gedrängt dicht neben dem ohnmächtig zu ertragenden Leid und dem sinnlosen Ermordetwerden.
Nach einem üppigen Frühstück haben wir uns im Rathaus mit Vertretern der Stadt Horishni Plavni getroffen. Bürgermeister Bykov hat uns in großer Runde mit neun Vertretern der Stadtverwaltung, sowie uns als Vertreter von „Brücke nach Horishni Plavni” begrüßt. Bürgermeister Bykov und Werner Nuber haben beide eine Rede des Dankes, der gegenseitigen Freundschaftsbekundung und Wertschätzung gehalten, anschließend Gastgeschenke ausgetauscht. Werner Nuber hat dabei auch die herzlichen Grüße von Bürgermeister Stauber ausgerichtet und die Präsente überreicht.

Im Anschluss gab es ein Pressegespräch und ein längeres Fernsehinterview des (vermutlich regionalen) ukrainischen Fernsehen. Iryna Sandaliuk war als Übersetzerin dabei toujours gefordert.

Die Mischung aus Zugewandtheit, Gastfreundschaft, interessanten Gesprächen, gleichzeitig aber auch mehrfacher Luftalarme und der Porträts der gefallenen Soldaten aus Horishni Plavni, erfordern für alle Teilnehmenden den Umgang mit einer äußerst weiten Spanne an persönlichen Gedanken und Gefühle.
Die Luftalarmwarnungen werden über eine App, die die Menschen vor Ort auf Ihrem Handy installiert haben, verbreitet. Bei größerer Gefahr ertönen dann die heulenden Sirenen und man kann auf der App nachschauen, wie die akute Gefahrenlage aussieht. Dieses Gefühl in einem permanenten Alarmzustand zu sein, verändert das Alltagsempfinden merklich.

Die mitgebrachten Weihnachtsgeschenke für die Waisenkinder werden von den Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung zu den Kindern in die Familien gebracht. Die Übergabe soll dokumentiert werden. Unsere Übergabe wurde ebenfalls TV- und Pressegerecht gestaltet.
Bei einem Besuch bei der Feuerwehr wurden die Feuerwehrschutzausrüstungen, bei einem Besuch im Krankenhaus das medizinische Equipment übergeben. Auch hier jeweils begleitet vom Fernsehteam und wertschätzenden Dankesreden.
Bei der Besichtigung der größten Eisenerzmine Europas wurde uns der Ursprung der Stadt Horishni Plavni vor 60 Jahren verdeutlicht. Die Dimensionen dieses Abbaugebietes, u.a. 700 Meter gegrabener Tagebau-Höhenunterschied, wirken gigantisch surreal.
Zwei gemeinsame Essen ermöglichten uns, über den Schnellritt durch das eng getaktete Programm hinaus, persönlich ins Gespräch zu kommen. Unsere vielen Fragen zur Stadt, den enormen städtischen Herausforderungen, aber auch zu persönlichen Einschätzung wurden bereitwillig mit großer Offen- und Ernsthaftigkeit beantwortet und diskutiert. Oftmals mit einem Bissen humorvoller Ironie versehen.


Den heutigen Tag verbringen wir nochmals in Horishni Plavni. Morgens diskutieren wir Themenfelder, in denen wir möglicherweise zukünftig Unterstützung leisten können.
Dabei teilen wir uns in zwei Fachgruppen auf: Jürgen Schipek bespricht mit Bürgermeister Bykop, seinem Stellvertreter und weiteren Baufachkundigen die Möglichkeiten der Entwicklung Kommunalen Wohnungsbau für Horishni Plavni.

Florian Nägele, Werner Nuber und als Übersetzerin Iryna Sandaliuk, tauschen sich mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Frau Dmytrivna und dem Leiter des Gesundheitsamts über die sozialen Hilfestrukturen aus.

Mittags besuchen wir ein Museum zum aktuellen Krieg in der Ukraine. Später bekommen wir die 2020 in Betrieb genommenen Gasturbinen gezeigt, mit denen 80 % des Strom- und Wärmebedarfs von Horishni Plavni gedeckt werden.
Bei einem wie immer sehr üppigen und leckeren Essen zelebrieren wir unseren Abschluss. Mit vielen Trinkspruchansprachen würdigen wir unser gutes Miteinander, danken uns gegenseitig, betonen unsere europäische Verbundenheit und Freundschaft und versprechen weiteres Wiedersehen.
Eine gelungener Abschluss!

08.12.2024

Heute beginnt die Rückfahrt. Wir starten um kurz vor 9 Uhr Richtung Kiew. In Kiew muss noch ein Vertreter einer gemeinnützigen Stiftung getroffen werden, um ihm die Abgabe der Hilfsgüter per Stempel und Unterschrift zu bestätigen. Auch in Kiew ist wieder Luftalarm, hier wirkt dieser wesentlich bedrohlicher als in Horishni Plavni. Vermutlich ist Kiew auch das Ziel der drohenden Drohnen. Danach geht es wieder quer durch die Ukraine. Um etwa 23 Uhr ukrainischer Zeit erreichen wir die polnische Grenze. Nach strengen Kontrollen und etwa zwei Stunden Übergangszeit geht die Fahrt in Polen weiter.
09.12.2024
Wir kommen in der Nacht an die ukrainisch-polnische Grenze und benötigen drei Stunden, bis wir die Kontrollen durchschritten haben. Danach geht es durch Polen und Deutschland, sodass wir um etwa 16 Uhr wieder Zuhause in Friedrichshafen angekommen sind und unsere VW-Transporter zurück zu Zeppelin Rental GmbH geben konnten.
Diese Reise hat uns viele interessante Einblicke in das Stadtleben Horishni Plavnis, in das Leben in der Ukraine, aber auch in das Leben in einem Land, in dem Krieg herrscht, gegeben. Wir werden manches besprechen und manches entwickeln müssen und Kraft schöpfen für weitere Hilfsangebote.

Eine Brücke von Friedrichshafen nach Horishni Plavni ist geschaffen!